Mittwoch, 7. April 2010

Sturm auf Island

(Dienstag, 6. April 2010)

Die Sonne scheint wieder durch unser Fenster, der Wind ist auch kaum zu hören.
Wie immer gibt es Toast zum Frühstück. Dazu neben Konfitüre auch Käse und Fleisch und immer liegen gekochte Eier, Gurken- und Tomatenschnitte bereit.
Vom Gastgeber erfahren wir, dass die Organisatoren die Entscheidung über die Durchführung der Jeep-Tour bis Mittag vertagt haben. Wir informieren uns über den heissen Pool, den wir auf der Karte gesehen haben und machen uns auf den Weg. Unterwegs wird der Wind immer stärker.
Wir folgen zu Fuss einer warmen Wasserleitung, kommen an interessanten Basaltsteinformationen vorbei und landen schlussendlich beim Pool. Drei Seiten wurden künstlich angelegt, die vierte Seite ist die Felswand. Er ist erstaunlich gross, sogar ein Umkleidehäuschen ist nebenan. Aber die Wassertemperatur beträgt weniger als 20 Grad und so lassen wir es bleiben.
Wir sehen uns noch etwas im Tal um, aber der Wind wird immer stärker, so dass es teilweise schwer ist, zu atmen.
Auch im Auto sind die Windböen gut spürbar. In unserem alten Wagen zieht der Wind auch durch alle Ritzen. Als wir neben einem Sandfeld vorbeifahren, wird das Auto sogar noch sandgestrahlt. Wie fliessende Wellen wehen die Sandkörner quer über die Strasse. Die aufziehenden Sandwolken sind von weither zu sehen und lassen uns den Atem anhalten, wenn wir hindurch fahren. Selbst die Oberfläche grosser Bäche und kleinster ungefrorener Tümpel ist stark gewellt und es bilden sich Schaumkronen. Die Pferde auf den Feldern stehen dicht beisammen um sich gegenseitig zu schützen.
Bei der Unterkunft will ich noch die kleinen Häuschen neben dem Felsen fotografieren, aber der Weg dahin ist schwer. Wir stemmen uns mit dem ganzen Körper gegen den Sturm, um nicht weggeblasen zu werden. Martin schätzt die Geschwindigkeit auf gute 100 km/h. Wir ahnen bereits, dass das Wetter auf dem Gletscher nicht besser sein wird.
Der Gastgeber bestätigt unsere Vermutung. Nicht nur Jeep-Touren sind abgesagt, es wurde sogar das ganze Gebiet wegen Sturm gesperrt. Ob das die Isländer davon abhält, ist fraglich. Seit zwei Tagen werden drei junge Einheimische vermisst, die mit dem Auto auf den Gletscher gefahren sind.
Unter diesen Umständen hält uns leider nichts mehr hier in Drangshlið. Wir packen unsere Sachen und fahren enttäuscht nach Westen. Der Seljalandsfoss ist im Wind lustig anzusehen. Das Wasser fällt zwar über die Klippe, wird aber vom starken Wind gleich wieder nach oben getragen und nur ein Teil des fallenden Wassers erreicht den Boden.
Martin kann es nicht lassen und fährt so weit wie möglich von hinten an das ganze Geschehen heran. Aber wir kommen nicht nahe ran und das schlechte Wetter verunmöglicht jede Sicht. Immerhin finden wir einen mehrstufigen Wasserfall, den es sich zu knipsen lohnt. Meine Jacke hat nicht nur den Vorteil, dass sie den Wind super abhält und auch warm gibt, sie ist wegen der roten Farbe auch prima als Farbkleks auf Fotos geeignet. Martin geniesst es und ich kann mich wegen dem Wind wunderbar unter der Kapuze verstecken.
Wir fahren quer durch das Land, werden vom Schneesturm begleitet und sind froh, dass immerhin die Heizung noch funktioniert im Auto. Das Radio ist heute kurzerhand ausgefallen. Da wir uns weigern, zu singen, reisen wir ohne musikalische Begleitung.
Der Gullfoss Wasserfall hat weniger Wasser als im Sommer. Aber auch hier ist gut zu sehen, woher der Wind kommt. Die feinen Wassertropfen werden vom Wind weggetragen und bilden auf einer Seite des Falles eine dicke Eisschicht. Mir gefallen die Grashalme, an denen langsam ein dicker Eiszapfen entstand und jetzt den Wirt an Grösse um einiges überragt. Aber auch die Formationen direkt am Wasser sind faszinierend. Wenn ich nicht Angst um die Kamera hätte bei so viel Gischt (und wenn ich wärmere Finger hätte;-)), könnte ich mich stundenlang mit solchen Figuren beschäftigen.
In Geysir erkennen wir klar, dass die Temperaturen kühler sind als letztes Mal. Einsam warten wir beim Strokkur, dessen Wasseroberfläche sich im Wind kräuselt und sehen zu, wie der Dampf vom Wind weggetragen wird. Wird dann der Druck zu gross, spritzt eine grosse Wasserfontäne in die Luft, die sich jedoch innert Sekundenbruchteilen hinter einer dicken Dampfwolke versteckt.
So macht dies natürlich nur halb soviel Spass.
Wir kochen vor unserer Hütte eine grosse Portion Reis sweet&sour, haben aber insgeheim mehr Lust auf Salat. Aber das muss jetzt noch warten, bis wir wieder ganz in der Zivilisation sind und alle anderen Vorräte aufgegessen haben.
Eigentlich wollen wir nach unserer Fotorunde noch in den heissen Pool springen, aber trotz gegenteiliger Information der Reception ist dieser nicht gefüllt. Zu unserem Unglück ziehen auch wieder dichtere Wolken auf, die die Sicht auf das Polarlicht verdecken.
Heute hatten wir kein Glück, aber immerhin schlafen wir in einem warmen Bett.

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